Virginia Eubanks beschreibt in ihrem Buch, wie Technologie eingesetzt wird, um v.a. arme Menschen zu "unterstützen". Spezifisch untersucht sie, wie in verschiedenen Regionen der USA u.a. finanziell benachteiligte, chronisch kranke, und obdachlose Personen erfasst, kategorisiert, überwacht, und durch die Androhung von finanziellen oder familiären Konsequenzen regelrecht gesteuert werden.

Eubanks hat Interviews mit Personen an allen Seiten der Systeme geführt, die sie hier behandelt: Antragsteller:innen, Sachbearbeiter:innen, Entwickler:innen, Politiker:innen. Und sie zeigt in diesem Buch ganz hervorragend, wie als "disruptiv" bezeichnete Technologien einfach nur fortsetzen, was im Fall der USA seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit armen Menschen gemacht wird: Einteilung in "deserving" und "undeserving"; Ansetzen von beliebigen, moralistischen Maßstäben; Absprechen der Rechte auf Privatsphäre, Familienleben, Freizügigkeit und ordentliche Verfahren.

"Automating Inequality" erklärt Zusammenhänge, die trotz der (erklärbaren) Zentrierung auf US-amerikanische Systeme und Zustände, die sehr gut auf den österreichischen und europäischen Kontext umlegbar sind. Mein persönlichen Anmerkungen vor allem im ersten Kapitel ("From Poorhouse to Database") verweisen häufig auf Hartz IV, das AMS-Modell, die Umstellung auf ecards mit Foto, und die Diskussionen rund um die österreichische Mindestsicherung/Sozialhilfe.

Insgesamt ist dieses Buch definitv ein "worthy read" für Menschen, die sich mit Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten beschäftigen (wollen). Es ist Dank guter Erklärungen, hervorragender Recherche und spannendem Schreibstil mMn genauso gut für Menschen geeignet, die sich schon intensiver mit der Thematik beschäftigt haben, und für solche, die gerade erst damit anfangen möchten.

"Dark Basin", unter diesem Begriff fassen die Researcher*innen vom kanadischen Citizen Lab die Operationen einer Gruppe zusammen, die seit Jahren als "Cyber-Söldner*innen" Hacking-Angriffe gegen Bezahlung auf diverse Ziele durchführen, Zitat "Targets include advocacy groups and journalists, elected and senior government officials, hedge funds, and multiple industries."

Die Firma, die mit großer Wahrscheinlichkeit hinter diesen Angriffen steht, hat ihren Sitz in Neu Delhi in Indien und hört(e) u.a. auf den Namen "BellTroX InfoTech".

Wenig überraschend war Phishing das beliebteste Mittel, um initialen Zugang in die Netze von Organisationen zu bekommen. Interessanter ist da schon, dass hier die Dimensionen solcher Angriffe halbwegs klar hervortreten: Citizen Lab konnte 27591 einzigartige Short-URLs identifizieren, die bei diversen Aktionen zum Einsatz kamen.

Das größte Problem aber, dass sich dabei herausstellt ist aber imho, dass solche Gruppen kaum mit juristischen Folgen zu rechnen haben, da sie sich im Normalfall nicht in derselben Jurisdiktion wie ihre Opfer befinden und es bei solchen Verbrechen anscheinend kaum Auslieferungsabkommen gibt. Das ist doch mal eine Sache, wo mehr internationale Zusammenarbeit der Exekutiven sinnvoll wäre.

Das seit 1. Jänner gültige Digitalsteuer Gesetz welches eine Abgabe für Online-Werbung vorsieht wird jetzt von der US Behörde für Handel ins Visir genommen.[1] Dabei haben die Amerikaner nicht nur mit der Österreichischen Lösung ein Problem, sondern zielen auf sämtliche europäische Ländern, die ähnliche Geseätze oder Pläne haben. Durchaus interessant ist dabei die zeitliche Nähe zum Start einer Konsultation zum Digital Services Act[2], durch die EU-Kommission. Dabei soll es auch um die (gemeinsame) Regulierung des Online Platform Marktes gehen.